Zeitschrift „Yacht“: Artikel über Atlantiküberquerung

Der Führer des ROLAND, von Lottner, schickte seinen Freunden in Bremen den nachstehenden Bericht über die Atlantiküberquerung. Wir haben es für richtig gehalten, diesen Bericht trotz seiner ganz persönlichen Note, ohne jede Veränderung oder Bearbeitung zu veröffentlichen, weil wir glauben, dass jede Veränderung den Gesamteindruck abschwächen würde.

Bristol (Rhode Island).
Es war wunderbar. Einfach nicht zu beschreiben.

Die Zeit immerhin 26 Tage von Scillys bis Nantucket. Ist aber nach meiner oder besser gesagt nach Auffassung der Yankees nicht schlecht. Wir haben das Schiff ausprobiert in allen Lagen. Die Nähte sind nicht zu sehen. Und seid überzeugt, wir haben ihn gesegelt, dass uns selbst manchmal die Haare zu Berge gestanden haben.

Also am 21. April abends zu Lesum gabt Ihr Kameraden vom „Wappen von Bremen“ uns einen sehr herzlichen Abschied.
Bis Vegesack ging es mit Burmesters Barkasse, dann mit dem Schlepper weiter nach Bremerhaven. An Bord als Gäste auf der Schlepperfahrt, um uns das letzte Geleit zu geben: Dr. Lutowski, des Skippers Frau und Schwiegereltern sowie die Braut des Navigators. Ferner ein Zollbeamter und ein Angestellter der DEBEG.
Als Besatzung an Bord: Hanns L. von Lottner (Skipper), Age Nissen, Willy Kisow, Paul Temme, Fritz Reuß, Karl Leysieffer, Kenneth Pattisson, Karl Hammann.
Gegen 11 Uhr hatten wir beim Zollwachtschiff ausklariert, die letzten Hände gedrückt mit unseren Lieben in der Heimat ausgetauscht. Der Schlepper taute uns noch auf die andere Fahrwasserseite und schmiss dann los. Wegen schlechter Tide und gegenan stehender Winde wurde bis zum Tidenwechsel geankert.
6,25 Uhr Anker auf am 22. April. – Es ist doch noch lausig kalt.
Laufen mit guter Fahrt Weser aufwärts. Mit nur wenigen Kreuzschlägen können wir rauskommen. Auf Schillig Reede liegen unsere Schulkreuzer, aber ein Besuch wird abgelehnt, in Anbetracht des Verlustes von mindestens 3 bis 4 Stunden. Bereits abends konnten wir Borkum dwars peilen. Gute Fahrt. Am 23. morgens gegen 7 Uhr hatten wir Terschelling Bank Feuerschiff quer. Stimmung an Bord hervorragend, alles ist gespannt und voller Erwartung wie es wohl werden wird. Man beriecht sich noch ein bisschen. Aber gar bald herrscht der gemütliche Bordton. Alles leidet zwar etwas unter der Kälte und der kurzen See. Aber das macht nichts. Geht bald vorüber. Ab Haaks Feuerschiff können wir sogar unser beliebtes Besan Stagsegel fahren. Kalt, klare Sicht.
Sonntag, 23. April. – Es wird flau und unsichtig. Kommen nicht vorwärts und bei Dover bekommen wir den Strom gegenan und können uns knapp auf der Stelle halten. Dampfer „Nordenham“ kommt längsseits, begrüßt uns mit der Dampfpfeife und wünscht uns gute Reise. Es sind Kameraden des Skippers auf der Brücke. War sehr nett. Der Montag sieht uns den ganzen Tag über in der Flaute Segel exerzieren. Aber wir kommen nicht weiter. Gegen Abend setzt sich Wind durch. Aber es ist sehr unsichtig.
Nachts wird fleißig mit dem Peiler gepeilt. Kommt auch gerade als der Entschluss gefasst wurde umzudrehen, 20 Meilen voraus durch.
Nun wird es auch etwas klarer und mit neun Meilen Fahrt geht es in den Solent hinein. Age k1agt über heftige Schmerzen. Wird wohl hoffentlich nichts Ernstliches sein. …
Um 04O5 Uhr fällt der Anker auf Cowes Reede. In Cowes werden Besorgungen gemacht. Pattissons und Frau geben uns jede gewünschte Hilfe. Mittags alle Mann hoch von Pattissons Eltern zum Essen eingeladen, war sehr nett. Nachmittags wird Wasser genommen. Die Stagen nochmals durchgesetzt und der letzte Seeklarbefehl durchgegeben.
Abends zu einer wundernetten Cocktailparty bei Colin Ratsey eingeladen. Ratsey telefoniert sofort einen Arzt für Age und den Kapitän dessen Magen immer noch nicht so ganz auf der Höhe ist. Der Befund ist zufrieden stellend. Age hat Hexenschuß,in höchster Potenz durch das nasskalte Wetter und der Magen ist nervös überreizt durch all die Aufregungen. Beiden werden Medizinen mitgegeben. Für uns alle eine Beruhigung. Um 9,30 Uhr abends alles an Bord, Ruhe im Schiff.
Mittwoch, der 27. Heute geht es also los. Das Schiff wird seeklar gemeldet. Schnell fährt der Schiffer mit dem Koch Nr. 1 nochmals an Land und besorgt letzte Post und den letzten Frischproviant. Um 9 Uhr kommt C. Ratsey an Bord und bringt die verschiedenen Medizinen. Jede Bezahlung wird von ihm abgelehnt. Noch ein Glas schönes deutsches Bier wird mitihm getrunken und dann wurde der Anker gelichtet. Der Island Sailing Club setzte Signal und wünschte uns glückhafte Fahrt. C. Ratsey taute uns solange bis wir Segel gesetzt hatten. Seine reizende Frau hatte das Haus beflaggt und alles winkte uns Abschied zu. Wir waren auf großer Fahrt.
Der Wind war östlich, ab er schwach, machten vier bis fünf Meilen Fahrt. Überholten eine Yacht, welche mit Motor fuhr, ohne angeschlagene Segel und eine kleine Barkasse vorgespannt hatte. Entpuppte sich als „Tai Mo Shan“ mit dem Commander Bronton an Bord. Es wurde längsseits geschoren. Bier übergeben, shake hands. – Die letzte Berührung mit Menschen. Nun waren wir allein. … Der Wind legte zu und wir liefen mit guter Fahrt an den Needles vorbei Richtung Scillys. Schiff bereits in hervorragendem Trimm. Deck und Bilge völlig trocken. So ging es weiter, bereits am nächsten Tag Bishop Rock quer. Heute gab es Captain’s dinner zur Begrüßung des Nordatlantik.
Speisefolge: Side-car Cocktail, Tomatensuppe legiert mit Reiseinlage, panierte Kalbskeule, Frische junge Schoten und Karotten, Petersilienkartoffeln, Frischer Blattsalat auf Leysieffer Art, Pudding a la Westindien, Mocca double en tasse d’or, Cointreau triple sec. Es war fabelhaft. Überhaupt die Frage der Küche. Ich habe auf jeder Wache einen Koch. Dadurch setzte eine Konkurrenz ein. Allerdings ist Fritz Reuß nicht zu schlagen im Kuchenbacken und im Kochen. Bubi Leysieffer ist dafür der Tortenbäckerspezialist gewesen. Bei jedem, auch dem ganz schweren Wetter, das wir abreiten mussten, gab es wunderbar schmeckendes warmes Essen mit mindestens zwei bis drei Gängen. Hammann hatte die Herrschaft unter Deck und es war immer klar, sauber und trocken. Er litt die ersten 8 Tage zwar unter Seekrankheit, machte aber seinen Dienst hervorragend.
Das Wetter war die nächsten Tage so schön, dass wir anfingen zu arbeiten. Das Schiff sah aus, als wenn es am Steg bei der Werft liegt. Das Beiboot wurde mit Ziehklingen vollkommen abgezogen und die Wheeling neu benäht und all die kleinen Verschönerungsarbeiten gemacht.
So ging es die ersten Tage mit prima “ Fahrt immer westwärts auf Großkreiskurs. Hier muss noch einiges von Cowes erzählt werden.
Bei Ratsey bekam der Skipper von Jeanette Ratsey ein Mascottchen überreicht: einen Gummiaffen. Prima Tier. Sie meinte, vielleicht müssten wir es einige Male ausdrücken. Sie glaubte, er würde noch genug Wasser zu schlucken bekommen. Von der Firma Hans Mette, Bremen, hatten wir eine Kiste Sekt an Bord bekommen mit sechs Flaschen und es wurde beschlossen, sie für die sechs Sonntage der Überfahrt aufzubewahren, wir haben jeden Sonntag unseren Sekt geschlürft.
Aber nun zurück zur Fahrt!
So hielt das Wetter nun an bis zum Sonnabend, da frischte es plötzlich erheblich auf, der Wetterbericht meldete unzählige Tiefs und wir waren gespannt, wie es kommen würde. Gar bald mussten Trysegel setzen und hatten den Salat da, aber es kam aus dem südöstlichen Quadranten. Das konnten wir brauchen.
Am Sonntag, dem 1. Mai, sollte Betriebsappell mit Umzug an Deck sein. Teufelsgeige war gebaut worden, Kuchen gebacken. Aber das ging nun nicht mehr. Es briste mit neun Windstärken und mehr. Wir liefen backstags mit rauschender Fahrt. Es war enorm. Wir ließen ihn laufen was er konnte. Aber als er einmal in einer See dwars schlug und eine Wand von 4 bis 5 Meter über uns hereinbrach, ohne uns aber allzu viel Wasser an Deck zu senden, da der gute „Roland“ selbst mit 70 Grad Schlagseite im Brecher noch aufschwamm, wurde das Beidrehen erwogen. Aber erst wollte der Skipper nochmals versuchen, wie er nun mit der ganz dicken Kokosleine achteraus nachgeschleppt liegen würde. Das war nun tadellos, er war ganz leicht zu steuern und lief nicht mehr dwars. Dann bargen wir das Trysegel und liefen nun nur vor der alten Fock. Fahrt etwa 6 Seemeilen. Besser als beidrehen sagten wir und gingen unter Deck um Doppelkopf zu spielen und unseren Kuchen zu essen.
Das Log wurde gefahren, bis es eines Tages zu drehen aufhörte und als wir den Fall untersuchten, war der Propeller verschwunden. Man dachte an Fische, Haie oder dergleichen. Aber Log hatten wir keines mehr. Schnell wurden an der Reeling 24 Meridiantertien abgemessen und fleißig Reelingslog geübt. Ging ganz schön. Außerdem hatte sich alles schon so mit dem schönen Schiff vertraut gemacht, dass man sagen konnte, wie viel es lief.
Um den Bericht nicht zu lange auszudehnen, sei er nun in großen Zügen weitergegeben. Gar bald ging dann der Wind auf 6 zurück und wir konnten weitersegeln in gewohnter Weise.
Dampfer „Kleopatra“ bekam Auftrag uns zu melden. Dampfer „Friedenau“ passierte uns, Dampfer „Ilona Siemers“, Hamburg, begrüßte uns. Weiter ging es im gewöhnlichen Bordbetrieb. Gutes tadelloses Essen, viel Spaß Doppelkopf usw. Regelmäßig bekamen wir alle acht Tage einen kleinen Sturm. Zweimal musste das Schiff beigedreht werden. Das erste Mal kamen Bedenken, wie er wohl liegen würde. Noch nie der Roland beigelegen.
Der erste schwere Sturm der uns dazu zwang war enorm. Wir drehten notgedrungen bei und das kam so.
Wind so etwa 9 und wir segelten noch mit Fock und Trysegel. Auf einmal setzten derartig stark. Regenböen ein, dass man kaum Luft bekam, geschweige denn sich frei bewegen konnte. Das Schiff schob mit dem ganzen Luvvorschiff in die See. Trysegel bergen, Ruder hart nach Luv kam das Kommando. Beide Segel, Trysegel und Fock wurden los geschmissen. Alles erwartete, dass das Schiff, das ja vorne nichts unter Wasser hat, rumschwingen würde. Aber nichts dergleichen geschah.
Er lag wunderbar 6-7 Strich zur See, schwamm auf und ab wie eine Ente. Das Deck war trocken. Die folgenden Regenböen waren das tollste, was ich in meiner nun immerhin 14jährigen See-Erfahrung in allen Meeren erlebt hatte. Im Nu war eine etwa neun Meter hohe See heruntergebügelt auf eine starke Dünung. Man konnte an Deck nicht stehen und musste sich krampfhaft festhalten. Aber das Schiff lag ruhig, hatte allerdings vor Top und Takel etwa 25-30 Grad Schlagseite bekommen. Nach einer Viertelstunde war der Spuk vorbei und es briste wieder normal mit 7 bis 8. Wieder wurde mit Trysegel und Fock gesegelt und gegenan gegangen, aber schon nach ein paar Stunden mußten wir nochmals beidrehen.
Nun kommt eine Zeit, die uns mächtig ärgert.
Wir haben innerhalb von 11 Tagen nur etwa 400sm geschafft. Das verbittert. Aber unverdrossen wurde weiter gute Laune geschippert und alles getan, um ihn vorwärts zu bringen. Dabei wurde fleißig gearbeitet.
Die Wassertanks ausgebaut, Bilgen gesäubert usw. Es war schön. Noch einmal briste es junge Hunde. Der Barometer fiel, es war klar und wir liefen erst gute Fahrt. Auf einmal war der ganze Himmel ultraviolett-rosarot mit großen Streifen nach dem Norden zu. Polarlicht. Es war unheimlich.
Am anderen Morgen hatten wir die Bescherung. Wir erfanden nun etwas Neues.
Als wir klarmachten zum Beidrehen, um die Leute, die sowieso nur noch wenig trockenes Zeug hatten, zu schonen. Das Trysegel kam runter und nun lief das Schiff mal aus dem Ruder. Und siehe da, nur mit der Fock ging er etwa 6 bis 7 Strich an den Wind und fing an gegen die See zu kreuzen. Wir wollten es nicht glauben. Kenneth meinte, so was gebe es nicht und deswegen könnte es auch nicht wahr sein. Aber er tat es. Zwei bis drei Meilen Fahrt. Besser als beigedreht. Aber bei der herrschenden Windstärke und der enorm zunehmenden See mussten wir uns nach drei Stunden entschließen, doch beizudrehen. Während dieser kurzen Beidrehpause wurde die Maskott feierlich auf den Namen Janette getauft. Age als Hebamme verkleidet, Fritz als Pastor und ich als Onkel aus Amerika.
Wir lachten Tränen.
Noch mancher Dampfer wurde gesichtet. Erwähnen möchte im den englischen Dampfer „Camito“, der Kurs änderte und uns nachlief, mit Sirenengeheul begrüßte und three cheers ausbrachte. War nett.
Wir liefen gerade mit doppelt gerefftem Großsegel, Fock und kleinem Klüver, etwa 9-10 Meilen. Das ganze Leedeck zeitweise bis zu den Aufbauten im Wasser. Ich denke, das muss ein Anblick sein, der für ein Seglerherz unbezahlbar ist. Wir wollen dem Kapitän schreiben, ob er nicht einige Aufnahmen hat.
Immer war nun noch kein Vorwärtskommen. Wir näherten uns wieder der Neufundlandbank. Der Eisbericht für dieses Jahr war ungünstig, viel Eis, sehr weit südlich. Es wurde fleißig Wassertemperatur gemessen und Lufttemperatur festgestellt.
Als einmal die Temperatur innerhalb einer Stunde um einige Grade sank
und dichter Nebel kam, wurde sofort über Stag gegangen und nach Süden abgelaufen. Sofort lahmen die Wassertemperaturen wieder zu. Nur der Skipper maulte ob des damned Golfstromes. Er wollte lieber im Labradorstrom bleiben. Als es besser wurde, gingen wir auch wieder über Stag.
Eines Tages wurde es uns zu dumm. Age wurde ins Kartenhaus beordert, aber er schlief so schön, hatte ja Freiwache, dass er streikte. So begann Fritz das schwere Werk es wurde eine Flaschenpost an Neptun, den Beherrscher aller Meere und Pfützen usw. gegeben und um Wind aus günstigen Richtungen gebeten. Die Post kam in eine leere Ginbuddel.
Beim Überbordwerfen fiel sie zuerst gegen den Großbaum, dann dem Schiffer an den Kopf, um endlich in Neptuns Element zu landen.
Wie durch ein Wunder hatten wir einige Stunden danach herrliches Wetter und fair winds.
Bevor ich nun zu dem anstrengendsten oder besser gesagt aufregendsten Moment der Reise komme, noch Einiges, was wir sahen.
Viele Schildkröten, Riesenwale (Einzelgänger) sahen aus wie auftauchende U-Boote. Ganze Horden Pottwale, viel viel Schweinsfische, und ein hölzernes Wrack in der Größe der Gloucesterschoner. Gab manches Erzählen drüber an Bord.
Nun kommen wir zum Ende der Reise.
Es war wieder der wöchentliche Sturm fällig, aber à Konto der Flaschenpost wehte er nur mit 8 und von dwars ein. Nur es kam dicker, dicker Nebel. Noch ging’s, wir hatten kein astronomisches Besteck seit 48 Stunden, nach der Koppelortung mussten wir am Rande der Georgsbank stehen. Hätten wir nicht die Echolotung vornehmen können, hätten wir alle Augenblicke beidrehen müssen, um zu loten. Denn eine Reihenlotung bei 8 Meilen Fahrt, Seegang und etwa 70 bis 80 Meter Tiefen vorzunehmen, ist mit Handlot ohne Beidrehen ausgeschlossen. Und auch mit Walkerlot kaum durchführbar. Man hätte also des ungewissen Bestecks halber nach Süd ablaufen müssen. So liefen wir getrost weiter, ließen alle Viertelstunde unser Lot (an Bord genannt „Bomben“) fallen und bekamen dann im Verein mit den Funkpeilungen ein ganz genaues Besteck. Wir standen nördlicher und liefen mit diesem Kurs genau auf die Nantucket Shoals.
Ruhig im Vertrauen auf diese navigatorischen Hilfsmittel ließen wir ihn bis auf etwa 2 bis 3 Meilen an die Bänke heranlaufen und gingen über Stag.
Und nun geht das Drama los.
Hoch am Wind (Stärke 7), Nebel so dick, dass wir mit unserem großen Scheinwerfer die oberste Saling nicht mehr sehen konnten. Wasser in Luv und Lee über Deck. Ein Mann Steuerbord-Ausguck, ein Mann Backbord vorne. Ein Mann am Ruder und ich im Kartenhaus-Niedergang. Alles nass. Nebel, Nebel. Alle halbe Stunde Radiopeilung von Nantucket und Pollock-Feuerschiff. Und nun Nebelsignal eines Dampfers. Wir antworteten mit unserem bescheidenen Nebelsignal. Aber ich glaube er wird es nie und nimmer gehört haben. Es besteht überdies eine Vorschrift, nach der Segelschiffe über 20 Tonnen mit automatischem Preßluftnebelsignal ausgerüstet sein müssen.
Na ja, unsere Puste war in diesem Fall ebenfalls Pressluft. Der Dampfer passierte nach der Lautstärke seiner Dampfpfeife und nach dem Geräusch seiner Maschine innerhalb 200 m und nicht war nicht auszumachen.
Es war enorm. Leuchtpistole, alles war klar. Fieberhaft wurde gelauscht und ausgeguckt. Man sah schließlich hunderttausend Lichter. Der Mond wurde mit Nebelsignal begrüßt. Komischerweise war es über uns klar und es blitzte so toll, wie wir es noch nicht gesehen hatten. Ich ging unter Deck und bin beim Horchen auf Unterwasserschallsignale mit der Stoppuhr in der Hand eingeschlafen. Hatte die letzten drei Tage nur durchschnittlich drei Stunden geschlafen. Um 2 Uhr morgens versprach ich der Wache, die den Nebel vertreibt und die uns auf Kurs bringt, die letzte Flasche Schum bei Nantucket. Um 3 Uhr wurde es ganz flau, setzte Regen ein und der Nebel verschwand. Es wurde aber noch nicht ausgerefft und kein Klüver gesetzt, da es zu flau war. Um 4,20 Uhr morgens alles Plünnen bei.
Um 11.45 Uhr am Mittwoch, dem 25. Mai, war unser Wunsch erfüllt. Nantucket – Lightship im Abstand von 10 Meter passiert. Nun ging’s bei flauen Winden hinein nach der Naraganset-Bai.
Aber der Wind schlief ein und die Tide gegenan. Wir mussten uns entschließen, was zu unternehmen, bis 4 Meilen vor Herreshoff hatten wir uns gemogelt. Da war es aus. Im letzten Moment kam dann ein Benzinboot, das uns nun bis zur Brücke schleppen wollte. Doch ein Wink mit dem Zaunpfahl (Whiskybuddel) machte ihn so weich, dass er uns bei Herreshoff gar nicht lossmmeißcn wollte, sondern uns bis an den Liegeplatz brachte und uns vertäute.
Jack, der uns wohlbekannte Vorarbeiter begrüßte uns mit viel Händedrücken. Commodore Rockwell, allen Lobes erhaben, stand stundenlang in strömendem Regen an der Pier und wartete, bis wir vom Arzt und vom Zoll abgefertigt waren. Wir wurden photographiert. Sahen aus, wie Sträflinge.
Dann, als nachmittags alle Formalitäten geklärt waren, ging’s in zwei Autos zu Rockwell. Rein in die Badewanne. stundenlang haben wir gebadet, anschließend schwimmen im Bassin. Und dann Cocktail, Abendbrot, alle erdenkliche Hilfe. Haffenreffer kam dann auch noch. Es war wieder sehr sehr herzlich. Wir waren aber so müde, dass wir nach einem Nightcap an Bord unter uns um 10 Uhr zur Koje gingen.
Am anderen Tag ausklarieren in Providence mit dem Zoll usw. Mannschaft arbeitet bereits am Schiff. Newport Post abholen. Herbert L. Stone kam mit dem Auto und begrüßte uns und brachte uns Christian Nissen mit. „Latifa“ hat von Cowes nach Bermuda 31 Tage gebraucht. Blieb vier Tage in Bermuda und ist nun in City Island. Brachte Sherman Hoyt mit von Bermuda.
Wir arbeiten nun fleißig am Schiff. Werden in etwa sechs Tagen fertig sein. Dann gehen wir in das New Bedford Whalers Race. Anschließend wollen wir nach Larchmont und dann nach Newport.
Nun noch einiges über Schiff und Besatzung. Wir werden niemals wieder, glauben wir alle an Bord, ein so phantastisches Schiff bekommen. Es sieht genau so aus wie beim Verlassen Bremens.
An Schäden: Großsegel riss im Achterliek und riss ganz aus. Wurde in achtstündiger Arbeit neu eingespleißt, geliekt und wieder gesetzt. Sonst alles in Ordnung. Besatzung über jedes, Lob erhaben. Wenn jeder Ozeansegler nur eine halb so gute Besatzung hat, dann kann er sich freuen. Alles vollwertige Seeleute und Segler.
Zum Beispiel reffen (Reff innerhalb 10 Minuten 12 Sekunden), alles geht nach der Stoppuhr.
PS: ROLAND VON BREMEN hat inzwischen im New Bedford Whalers Race den dritten Preis gewonnen und ist im schweren Rennen Newport-Bermuda als einzige deutsche Yacht gestartet.
Über das Ergebnis des Rennens werden wir berichten, sobald Nachrichten eingegangen sind.