Zeitschrift „Boote“: Jeder darf mitmachen

An Bord der berühmten deutschen Hochseejacht sind Gäste willkommnen. Volker Helmreich erlebte einen Ostseetörn auf den Planken des Oldtimers, der bereits ein Stück Segelgeschichte repräsentiert.
Abends schrillte das Telefon. Die Frau des Skippers war dran und erzählte mir etwas über „Undichtigkeiten“ am Schiff. Dass es deshalb irgendwo erst ins Dock und nicht zum verabredeten Termin auf die Reise gehen könne.

Ich rechnete fieberhaft. Vierzehn Tage hatte ich gebucht, minus zwei Docktage waren es nur noch zwölf Tage auf See. Eigentlich war es zum kurz, um unser gestecktes Ziel, 700 Seemeilen zu segeln, zu erreichen. Insgeheim schwor ich, nächstes Mal gleich drei Wochen zu buchen. Dann hat man wenigstens für „Kultur unterwegs“ mehr Zeit. Und: die „Roland von Bremen“ ist schon für sich allein so faszinierend, dass vierzehn Segeltage einfach zu wenig sind.
Die „Roland“ ist ein berühmtes Schiff, dessen Eleganz und Schnelligkeit man sieht und spürt. Die Yacht wurde 1936 bei Burmester in Bremen für die Atlantikregatta im selben Jahr gebaut. In 21 Tagen, 8 Stunden, 34 Minuten und 40 Sekunden legte sie schneller als erwartet die 3600 Seemeilen (also fast 6700 Kilometer) von Bermuda nach Cuxhaven zurück und siegte.

An Bord der berühmten deutschen Hochseejacht sind Gäste willkommnen. Volker Helmreich erlebte einen Ostseetörn auf den Planken des Oldtimers, der bereits ein Stück Segelgeschichte repräsentiert.

Abends schrillte das Telefon. Die Frau des Skippers war dran und erzählte mir etwas über „Undichtigkeiten“ am Schiff. Dass es deshalb irgendwo erst ins Dock und nicht zum verabredeten Termin auf die Reise gehen könne.

Ich rechnete fieberhaft. Vierzehn Tage hatte ich gebucht, minus zwei Docktage waren es nur noch zwölf Tage auf See. Eigentlich war es zum kurz, um unser gestecktes Ziel, 700 Seemeilen zu segeln, zu erreichen. Insgeheim schwor ich, nächstes Mal gleich drei Wochen zu buchen. Dann hat man wenigstens für „Kultur unterwegs“ mehr Zeit. Und: die „Roland von Bremen“ ist schon für sich allein so faszinierend, dass vierzehn Segeltage einfach zu wenig sind.
Die „Roland“ ist ein berühmtes Schiff, dessen Eleganz und Schnelligkeit man sieht und spürt. Die Yacht wurde 1936 bei Burmester in Bremen für die Atlantikregatta im selben Jahr gebaut. In 21 Tagen, 8 Stunden, 34 Minuten und 40 Sekunden legte sie schneller als erwartet die 3600 Seemeilen (also fast 6700 Kilometer) von Bermuda nach Cuxhaven zurück und siegte.
„Wir werden doch am Montag auslaufen, denn das Dock ist belegt“, sagte Sven Wärme, schwedischer Kapitän und Eigner der 18-Meter- Yawl, als wir am Startort eintrafen. Das hörten wir gerne, obwohl sich jeder schon geistig an der schwergängigen Bilgepumpe arbeiten sah. Doch natürlich gehörte die elektrische Pumpe ebenso wie die Bordheizung zu dem gut ausgerüsteten Schiff.

Am Montag war die Mannschaft dann komplett:
Ein Düsseldorfer Pärchen, eine Hamburger Deern, ein langer Kieler, wir zwei Mannheimer , die sich erst an Bord kennen- lernten (wie sich das so für Großstadtbewohner gehört ), und Zwei Eidgenossen, die sich zünftig mit „Grüzi“ bekannt machten und auf der Reise dafür sorgten, dass kein Auge trocken blieb. Leinen los in Travemünde zu einem kleinen Schlag, unter der Fehmarnbrücke hindurch nach Heiligenhafen. Ein kurzer gemütlicher Tag, bei dem wir alles an Bord kennen lernten.
Sven erklärte auf Schwedisch-Deutsch, und wir hörten brav zu, auch die Wiederkommer vom letzten Jahr. Mit sechs Windstärken sollte es unter rauschenden 9 Knoten Fahrt ein anregender Lerntag werden.
Beim Abendessen bei Käpt`n Plambeck in Heiligenhafen lernte man sich dann näher kennen. Die beiden Eidgenossen nahmen mit immer neuen Späßen uns und sich selbst auf den Arm. Dass da, wo der Urs herkommt, die Sprache kein Dialekt ist, sondern eine Halskrankheit (sprich Chals-Chankheit), das kannten wir schon. Aber als Hans am nächsten Morgen beim Frühstück auf die Frage, ob er noch Kaffee haben wolle, antwortete: „ja bitte, aber nur ein Zweitel“ das war uns neu.
Von Heiligenhafen ging es auf nach Dänemark, vorbei an Lolland und der Insel Falster. Böen und Regen, ja sogar Hagel und einige Schneeflocken holten uns in diesen letzten Junitagen immer wieder ein. Aber wenn man nur einmal im Jahr 14 Tage auf der Ostsee schippert, dann lässt man sich durch so etwas nicht die Laune verderben!
Hauptsache, keine Flaute, und mit dem richtigen Wind waren wir zum Glück gesegnet.
Meist raumschots mit über 220 qm Tuch erreichten wir nach zwei Hafenübernachtungen in Stubbeköbing und Köge dann noch am Mittwoch Kopenhagen.
Gleich nach dem Festmachen ging es auf zur Sauna und ins Schwimmbad, wo wir den an Bord zwangsläufig etwas verdrängten Sauberkeitsbedürfnissen freien Lauf ließen. In Bezug auf die Sauberkeit der sanitären Anlagen, die man im Vergleich zu südlichen Gefilden nur sehr loben kann, stellten wir fest, je kleiner der Hafen, um so sauberer die sanitären Anlagen. Das kann durchaus auch ein Aspekt der Fremdenverkehrswerbung sein.
In Kopenhagen lernten wir schon auf dem Weg in die Sauna etwas vom Flair und der Jugendlichkeit dieser Stadt kennen. Imponierend: die Ströget, eine der längsten Fußgängerzonen Europas. Neben pompösen Geschäften mit königlichem Porzellan gibt es hier Freiluftkneipen, neben erlesenen Parfümerieartikeln, Pornoshops, Möbelhäuser, Boutiquen, Globetrotterbänke, Fischbuden, Blumen. Über den Rathausplatz mit seiner berühmten Weltuhr von Jens Olsen (besichtigen lohnt sich), die erst nach tausend Jahren etwas nachgehen soll, kommt man zu dem billigen oder teuren Amüsiervergnügen, dem Tivoli. Wem Schießbuden, Spielhallen, Mäusezirkus und kitschig angestrahlte Seerosen nicht zusagen, der kann hier zumindest gut und reichlich essen. Im Promenadenrestaurant gibt es eine empfehlenswerte Hausplatte (Heringe, warme Fischfilets, Krabben, Leberpastete, Gurkensalat, Lendensteak mit Zwiebeln, Käse, Brot, Butter, Schweineschmalz – köstlich!).
Auf dem Weg zurück zur „Roland“ kamen wir auch am malerischen Nyhavn mit seinen Kneipen und Tätovierstuben vorbei. Man wünscht sich diesen oder jenen hier am Kai liegenden alten Gaffelsegler mit Dreimeterpinne auch einmal in einem deutschen Hafen zu sehen. Wir sind uns einig, für Kopenhagen sollte man sich etwas mehr Zeit nehmen.
Weiter ging es mit dem Wind im Rücken durch den nur 2,7 sm breiten Oresund, der Schweden von Dänemark trennt. Diese Nacht lagen wir im dänischen Hafen Helsingör. Beim Auslaufen sieht man Hamlets Schloss. Schloss Kronberg wurde Ende des 16. Jahrhunderts erbaut, um den Sund zu bewachen. Denn noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts mussten alle passierenden Schiffe Sundzoll bezahlen. Aber mehr als die Kultur interessierte uns das Segeln. Also ging es weiter zu unserem nördlichsten Ziel, Göteborg. Wir erreichten die Stadt an einem Sonntagabend, nach einer weiteren Hafenübernachtung im schwedischen Falkenberg. Und je weiter wir uns von Deutschland entfernten und je weiter nördlich wir segelten, umso wärmer wurde es!
Herrliche Inselwelt vor Göteborg, ein Traum für kleine Segelboote, Jollen und Motorboote, die trotz geringer Wassertiefen immer noch jede Insel, jedes Inselchen entdecken können. Winzige Leuchttürme zeigen den Schiffchen den Weg durch dieses Insel- und Felsgewirr.
Wir machten im Royal Göteborg Yachtclub bei Langedrap fest. Zum Landgang reichte die Zeit nicht, nur, um fürs Frühstück, wie jeden Morgen, frische Brötchen zu holen.
Wir segelten bald wieder los, denn die Halbzeit des Törns war schon vorbei, so dass wir uns mit der Rückreise beeilen mussten. Unser nächstes Ziel war Kalundborg, etwa 180 sm südlich. Wieder segelten wir durch diese Inselwelt, diesmal erschien sie uns im Morgenlicht. Dann hindurch zwischen den Inseln Laesö und Anholt und hinein nach Kalundborg.
Nach 42 Stunden hatten wir die Distanz geschafft, und das Wetter auf diesem Stück war charakteristisch für die ganze Reise. Zwei bis sieben Windstärken, einreffen, ausreffen, bewölkt, Regen, Gewitter, Böen, Hagel – und trotzdem immer wieder Sonne. Aber erstaunlicherweise waren an Bord, selbst beim miesesten Wetter, alle bester Laune, solange genügend Tee mit Rum (oder umgekehrt) da war. . .
Kiel Radio versprach für den nächsten Tag vier Wind- stärken aus SW, die Starkwindwarnung von DDR Radio betraf uns noch nicht. Von Kalundborg im Nordwesten von Seeland ging es weiter nach Kerteminde und anschließend nach Svendborg, beides auf Fünen.
„Svendborg“, sagt Sven, „liegt in einer der schönsten Gegenden Dänemarks“, und den Eindruck bekommt man langsam, wenn man zwischen Langeland und Fünen auf die Stadt zusegelt. Satte grüne Wiesen, auf einer Anhöhe eine kleine Kapelle und Villen mit eigenen kleinen Ha fenanlagen und Stegen, je näher man nach Svendborg kommt.
Die ganze Bucht strahlt südländische Schönheit und Ruhe aus.
Hier müsste man ein Haus und eine schöne Yacht am eigenen Steg, direkt an der Uferwiese besitzen!
In Svendborg sollte man unbedingt einen gemütlichen und lukullischen Abend im Hotel Aero verbringen – Eine ähnliche Ansammlung von nautischem Krimskrams wie im Kapitänszimmer mit dieser urtümlichen Atmosphäre wird man so schnell in keinem Restaurant mehr finden. Und anschließend auf ein Bier ein paar Ecken weiter zu John Bull.
Aus dem letzten dänischen Hafen liefen wir am Freitag in westlicher Richtung vorbei an Faaborg, um die Huk der Insel Aero herum, wieder in Richtung Heiligenhafen. Und dieser letzte Tag war auch einer der schönsten dieser Reise. Am Rande einer Gewitterfront laufend, die wie wir südöstlich zog und zeitweilig Regen brachte, machten wir schnelle Fahrt. Unter Vollzeug bei diesem mit Böen versetzten Wind, lief die „Roland“ raumschots beständige neun Knoten. Dann wurde das Besanstagsegel gesetzt: zehn Knoten Fahrt. Und „Roland“ wurde immer schneller. Noch ein Schrick in die Segel, und die Yacht kam auf dem Rücken einer Welle ins Surfen. Das war ein herrliches Gefühl, und von nun an achtete der Steuermann weniger auf seinen Kurs als darauf, die „richtige Welle“ zu bekommen. Die Sonne war durchgebrochen und beleuchtete die See graugrün als Kontrast zu den brechenden weißen Kämmen und der Über- kommenden Gischt.
Es war ein gelungener Abschluss dieses Törns.
Unser Ziel, 700 Seemeilen zu segeln, hatten wir dennoch nicht ganz erreicht. Aber auch mit 627 Meilen waren wir zufrieden, in einem schönen Revier, zu interessanten Städten, mit einem schnellen Schiff.